Merlot auf höchsten Niveau

MERLOT’S MIT PREISDIFFERENZEN

Von RenéGabriel: www.bxtotal.com

69 Franken kostet der unten abgebildete Grand Risavier von Klausener. Nach dem 2015 Saturio sucht man momentan (noch) vergeblich im Netz. Für eine Sechserkiste 2015 Le Pin hat ein Käufer an der letzten Weinbörse sagenhafte CHF 26'000 auf den «Auktionstisch» gelegt. Macht etwas mehr wie 4'300 Franken pro Flasche …

All die drei oben aufgezählten Weine haben wir einen Tag vor der grossen Auktion mit ein paar Freunden im Gasthaus Sempacherhof in Sempach-Station entkorkt und miteinander verglichen. Mit anderen Merlots aus aller Welt. Die entsprechenden Flaschen sind auf der Seite daneben abgebildet. Ganz genau Buch habe ich da nicht bei jedem Wein geführt, aber beim sagenhaften Trio (Titelbild) habe ich dann schon ganz genau aufgepasst.

MAGDELEINE & FRANC

So hiessen, wenn man ein Wortspiel will, und die dazu gelieferte französische These auch zulässt, die Eltern vom Merlot. Die Mamma findet man heute kaum mehr, denn die Rebsorte Magdeleine Noire des Charentes ist heute praktisch ausgestorben.

Der Papa ist hingegen immer noch sehr präsent. Es soll der Cabernet Franc sein. Erstmals schriftlich erwähnt wurde der Merlot im 14. Jahrhundert mit dem Begriff «Crabaut Noir». Im Jahr 1784 wird dieser dann zum Merlot. Erstmals richtig definiert wurde er dann im Jahr 1857 in der Ampélographie Française von Victor Rendu.
In der Schweiz begann die Merlot-Geschichte im Jahr 1905.

Forscher der University of California stützen zwar auch die Kreuzungsthese mit dem Cabernet Franc, vermuteten aber eine gewisse Verwandtschaft zum Carmenère. Der französische Ampelograph Jean-Michel Boursiquot konnte aber mittels DNS-Analyse diese Behauptung 1994 endgültig beseitigen.

AMSTELTRAUBE

Wie die Rebsorte zum Namen kam? Die Amseln sollten eine besondere Vorbliebe für diese Trauben entwickeln haben. (Merle = frz. Amsel). Eine andere These, wieder auf die Amsel beziehend ist, dass die Federn der Amsel ebenfalls eine schwarz-blaue Verfärbung aufweisen. Genauso wie die Farbe vom Merlot. Obwohl man im Volksmund eigentlich nur von Merlot spricht ist die vollständige Bezeichnung «Merlot Noir»!

KREUZUNGSPARNTER

Merlot Noir war Kreuzungspartner bei ganz vielen Neuzüchtungen: Artzebat, bruni 360, Bruni 452, Karminrot, Cosmo 97, Cosmo 108, Cosmo 109, Cosmo 110, Cosmo 111, Dimitra, Ederena, Evmolpiya, Ferradou, Fertilia, Hongzhilu, Incrocio Terzi 1, Mamaia, Margot, Meichum, Meinongs N, Meiyu, Mendeleum, Mendioberena, Merlan, Merlese, Merlot Blanc, Merlot Kanthus, Merlot Khorus, Meynieu 6-8, morela, Negru de Yaloven, Nigra, Plamennyi, prodest, Proffessor Guzon, Rebo, Rigotti 81-6, Rigotti 95-5, Rigotti 125, Sennen Vesna, VRH 1-11-82, VHR !-28-82, VHR 1-34-82, XIV 11-57, Yama Merlot. Sie wurde auch für Züchtung von Unterlagen verwendet wie Millardet & Grasset 11, 12, 21, 23 und 27. Diese wirren Angaben habe ich aus Wikipedia.

Wichtig sind diese komplizierten und uns meist auch nichtssagenden Bezeichnungen für diese Story eh nicht. Hier geht es um den richtigen Merlot. Und zwar auf einem sehr hohen Niveau! Mit einer bereits deklarierten Preisschere. Wobei Merlot auch billig kann. Unten sieht man die «traubenfressende Amsel» auf dem Etikett von einem «ganz besonderen Merlot». Das besondere ist da nicht der Inhalt der Flasche, sondern der Preis. Ein Flacon zu 75 cl. kostet bei Aldi Süd schlappe € 1.99!

Auf lange Sicht gesehen ist der Château Pétrus der teuerste Merlot der Welt. Wobei der Le Pin in neueren Jahrgängen manchmal problemlos mithalten kann. Der von uns verkostete 2015er Le Pin ist momentan im Markt leicht teurer als die «andere Pomerol-Legende».

DEGUSTATIONSTURM

Das war die Merlot-Gesamtausbeute des Abends. Es waren Vertreter aus der Schweiz, aus Frankreich, aus Österreich dabei. Aber auch aus Italien, Südafrika und Bulgarien. Dabei ging es nicht um eine Rangliste, sondern um eine offene Diskussion um die Bandbreiten des Merlots etwas auszuloten.
Die drei wichtigsten Weine des Abends – alle vom Jahrgang 2015 – sind nachfolgend von mir mit je 19 Punkten bewertet. Die Preise sind sehr unterschiedlich. Der Kaufentscheid liegt bei Ihnen …

MERLOT AUS DER SCHWEIZ

2015 Gran Risavier, Klausener, Purasca: 100 % Merlot. 1. Jahrgang 1982. Aktueller Marktpreis: ca. 60 Franken. Sattes Purpur mit rubinen Reflexen. Sehr intensives Bouquet – gleich zu Beginn weg. Zu Kopf steigend, ausladend und eine warme, reife Frucht zeigend. So in Richtung frischen Pflaumen mit Anklängen von Dörrfrüchten. Im zweiten Ansatz; Malz, Kaffee und eine ganz feine Zimtnote zeigend. Im Gaumen füllig, noch leicht kernig auf der fleischigen Zunge. Als Merlot zeigt er eine unwahrscheinliche Kraft und vermittelt ein unglaubliches Potential. Wer diesen Wein kennt, der weiss, dass man sich von den besten Jahrgängen auch noch nach 20 Jahren überraschen lassen kann. Und das ist hier sicher der Fall. Gehört zu den ganz grossen Risaviers in Klauseners bereits langen Erfolgsgeschichte. 19/20 bald
Webseite: http://klausener.blogspot.com/

MERLOT AUS ÖSTERREICH

2015 Saturio Ried Bügeln, Guntramsdorf: 100 % Merlot. 1. Jahrgang 2014. Aktueller Marktpreis ca. 120 Euro.

Zeigte die dunkelste Farbe aller drei Weine in dieser Serie. Purpur mit violetten Reflexen. Das Bouquet ist wuchtig und zeigt einen klar ausgerichteten Merlot-Power, viel Red-Currant, rote Kirschen, aber auch Cassis ist da mit dabei. Eine florale und kräutrige Frische im zweiten Ansatz zeigend, sowie weisses Pfeffermehl und Zitronenthymian. Im Gaumen sehr stoffig, eine tolle Konzentration vermittelnd. Die Tannine sind noch verlangend und der Wein braucht noch eine gewisse Durststrecke bis zur ersten Reife. Dies zeigt wiederum sein positives Alterungspotential an.

Dies war eine der total 199 abgefüllten Flasche

Also eine echte Austria-Rarität! 19/20 warten

Das ist das Hobby-Winzerpaar: Andreas und Brigitte Nikolai.

Alles wird auf dieser noch völlig unbekannten Garagen-Winery händisch gefertigt.

Sie produzieren Weltklasse-Merlots, welche schon bald von europäischen Wein-freaks gesucht und gehätschelt werden.

Webseite: https://garagenwinzer.at/

MERLOT AUS FRANKREICH

2015 Château Le Pin, Pomerol: 100 % Merlot. 1. Jahrgang 1979. Aktueller Marktpreis ca. 4'300 Franken.

Leuchtendes Granat-Rubin von mittlerer Tiefe. Das Bouquet wirkt vielschichtig und gleichzeitig filigran, man findet eine nahezu dropsige Süsse, Himbeeren, Erdbeerrhabarber, heller Tabak und etwas Hirschleder im ersten Ansatz. Man spürt den nasalen Reichtum. Berauschend wirkt er aber nicht durch seinen Druck, sondern durch sein schon schier blütenhaft angereichertes Merlot-Parfüm in der Nase. Im Gaumen tänzerisch, verspielt und erfrischend. Die Tannine sind seidig, das Finale lang und elegant. Kein Aufschneider, sondern ein schon fast intellektueller Pomerol, der seine Sonderklasse momentan erst andeutet und erfahrungsgemäss rund 10 Jahre braucht, um zur Droge seiner selbst zu werden. Le Pin ist selten der grösste Pomerol, aber er hat etwas was andere nicht haben. Dieses schwer zu beschreibende «Surplus».

Und genau dies macht ihn so unglaublich einzigartig. 19/20 warten

Fassprobe auf Le Pin. Im Oktober durften wir mit Le-Pin-Besitzer Jacques Thienpont seinen 2017er ab Barrique verkosten. Jacques ist sein Beginn weg ein Freund und wir haben schon zwei Mal zusammen eine komplette Pin-Vertikale von 1979 weg verkostet.

Der Erfolg von Le Pin ist schwierig zu deklarieren. Genau zu seiner Entstehung ging auch der Merlot-Boom im Markt los. Anstatt lange auf Cabernet-Blends zu warten entdeckten ungeduldige Wein-Freaks die Libournaisweine. Im gleichen Zug gelang es auch Ausone und Cheval, deren Preise über den Médoc-Premiers anzugliedern.

Die heutige Beliebtheit ist die Erfolgstory eines «Defensivmarketings». Eine offizielle Webseite sucht man deshalb vergebens